Das abenteuerliche Leben des Speyerer Fliegers Franz Josef Walz

Über dem Nahen und dem Fernen Osten

Ein zeitweise abenteuerliches Leben führte ein am 18. Dezember 1945 mit 60 Jahren in Polen gestorbener Speyerer. Franz Josef Walz war ab August 1917 Kommandeur der Fliegerabteilung 304b in dem hauptsächlich im heutigen Israel und in Syrien eingesetzten deutschen Asien-Korps und nahm zwischen 1927 und 1929 als Flieger an der chinesisch-schwedischen Expedition des schon damals legendären Forschers Sven Hedin teil.

Der Fliegerei war der am 4. Dezember 1885 in Speyer geborene Walz vermutlich in seiner Heimatstadt nahe gekommen. Hier wurden ab 1908 Flugzeuge gebaut. 1913 begann Walz in München-Schleißheim eine Pilotenausbildung, kam bei Ausbruch des 1. Weltkriegs 1914 an die Westfront, wurde verwundet und stieg nach seiner Genesung zum Staffelführer der Jagdstaffel 2 auf. Ende August, inzwischen wegen sieben Luftsiegen ausgezeichnet, begann sein Abenteuer im Nahen Osten.

Der Speyerer wurde Kommandeur der Fliegerabteilung 304b im deutschen Asien-Korps. Mit dem halfen die Deutschen den Osmanen, ihre Provinzen Palästina und Syrien gegen die Briten zu verteidigen. Einer von deren führenden Generälen wurde später auch dank Hollywood zu einem berühmten Mann: Thomas Edward Lawrence, der „Lawrence of Arabia“.

Der Speyerer dürfte oft vom ihm gehört haben, auch wenn er und seine Fliegerabteilung ein vergleichsweise ruhiges Leben führen konnten: Sie waren nur anfänglich zum Kämpfen eingesetzt. Stattdessen flogen Franz Josef Walz und seine Staffel mit Kameraleuten als „Begleitoffizieren“ in Gebiete, aus denen sich auch Geografen, Geologen, Historiker, Archäologen und Orientalisten neue Erkenntnisse erhofften. Es entstanden Aufnahmen von Palmyra, Jerusalem, Bethlehem, Nazareth, Jericho, Caesarea, Akkon und dem Toten Meer.

Heutige Experten urteilen: „Die 304b begründete de facto die Luftbildarchäologie“. Zeigen doch die Fotos die historischen Spuren aus biblischer Zeit, aus der Zeit der Kreuzfahrer, der osmanischen Besatzungszeit und die ersten Zeugnisse der neuzeitlichen Besiedlung Palästinas durch die eingewanderten Juden.

 

Damaskus; Foto: BayHStA, BS-Palästina 1305a
Damaskus; Foto: BayHStA, BS-Palästina 1305a

Die wohl spektakulärsten Fotos sind aber die ersten Luftaufnahmen der Pyramiden von Gizeh. Diese Aufnahmen waren gleich nach Rückkunft der 304b nach München in Büchern und Berichten über den Kriegsverlauf im Orient veröffentlicht worden. Sie waren so sensationell, dass man sie für Fälschungen hielt. Sie und 3000 andere Fotos sind im Bayrischen Kriegsarchiv München erhalten.

Nach dem Krieg diente Walz bis 1920 im Schleißheimer Fliegerhorst und wechselte von 1920 bis 1934 in den Polizeidienst. Den unterbrach er 1927: Er nahm als einer von acht Piloten an Sven Hedins Expedition teil. Die führte zwischen 1927 und 1935 durch die Mongolei, Teile von China und Tibet. Beteiligt daran war die 1926 gegründete Deutsche Lufthansa, die für eine geplante Fluglinie Berlin – Peking die Möglichkeit eines Zwischenlandeplatzes in der Wüste Gobi erkunden wollte.

Walz und seine Kollegen mussten die Expedition abbrechen: Der Generalgouverneur des nordwestchinesischen Territoriums Xinjiang  verweigerte im Frühjahr 1928 Flüge über sein Gebiet. Die Lufthansa zog daraufhin ihre Mitarbeiter ab.

Der Speyerer kehrte zur Militärfliegerei zurück, wurde 1935 Oberst, 1939 Generalmajor und 1941 Generalleutnant. Er geriet in Kriegsgefangenschaft, die er nicht überlebte. (wk)

 

Der unbekannte Speyerer Westwall

Nahe des Flugplatzes Überreste von Munitionsbunkern für Flakstellungen des 2. Weltkriegs

Weitgehend unbekannt dürfte sein, dass sich Ruinen des Westwalls bis heute auf Speyerer Gemarkung erhalten haben. In der Nähe des Flugplatzes lagern teilweise mannshohe Reste eines Munitionsbunkers für Flakstellungen aus der Zeit zu Beginn des zweiten Weltkrieges.

Die auf etwa 100 qm verstreuten Trümmer eines dieser ehemals sechs Bunker sind im Dickicht verborgen. Aus ihnen ragen Teile von Stahlarmierungen, die stählernen T-Träger mit den Deckblechen sind längst verschwunden. Sie wurden vermutlich entfernt, nachdem eine deutsche Firma die Bunker auf Veranlassung der französischen Besatzungsmacht nach dem Krieg gesprengt hatte. Drei kleinere Ruinen gibt es nahebei,  ebenso zwei von ursprünglich sechs Flak-Bettungen (Standplatten für Flugabwehr-Kanonen).

„Die Ruinen sind Zeugnisse der Geschichte und heute wichtig Tier und Pflanzen. Als Biotop-Inseln sind sie Teil Biotop-Verbandes, eines grünen Bandes“, sagt Alexander Stein. Der 38-jährige Speyerer ist Beisitzer im Verein zur Erhaltung der Westwall-Anlagen Vewa e. V.

Etwa 40 Kilometer östlich der eigentlichen, sich von Grenzach-Whylen an der Schweizer Grenze bis  nach Kleve am Niederrhein ziehenden Abwehrlinie  Westwall wurde ab dem 1. März 1939 zwischen Speyer und Jülich die „Luftverteidigungszone West“ mit zusammen 60 leichten und schweren Flakbatterien angelegt. Das Feuer aus ihren Kanonen sollte Flugzeuge der Alliierten in eine größere Höhe zwingen. Wodurch sich der Spritverbrauch steigerte, was den Aktionsradius der Flieger verringerte. Die  Flakstellungen in Speyer sollten daher in erster Linie nicht das nahe Flugfeld oder die Rheinbrücke schützen, sondern den Weiterflug über den Rhein zumindest erschweren.

Im Lauf der Jahrzehnte wurden wie der gesamte Westwall auch die Überbleibsel der vorgelagerten Flugabwehr-Stellungen zu Rückzugsräumen für Tiere und Pflanzen. Wikipedia teilt dazu mit: „Ihre besondere Bedeutung für den Naturschutz erhalten die Anlagen aufgrund ihrer bandförmigen Anordnung in der Landschaft. Im Juni 2010 startete der Landesverband Rheinland-Pfalz des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)  das Projekt Grüner Wall im Westen. Mit diesem Projekt soll der ehemalige Westwall als erlebbares Zeitzeugnis der jüngeren Geschichte, architektonisches Denkmal sowie als wichtiger Lebensraum und Verbundachse für seltene und gefährdete Arten vor der Zerstörung bewahrt werden. Diese Verbundachse soll im Sinne eines „Denkmalschutzes durch Naturschutz“ dauerhaft gesichert werden“.

Auf Veranlassung von Alexander Stein hatte die Vewa in Zusammenarbeit mit der örtlichen Jägerschaft die Speyerer Anlage beim ersten Dreck-Weg-Tag 2016 erstmals vom Müll der Jahrzehnte gesäubert. Die Stadt unterstützte die Aktion mit Genehmigungen zum Heckenschnitt und der Freigabe durch die untere Denkmalbehörde.  (wk)

Führerschein für Pedaleure

Als es in Speyer noch „Radfahrkarten“ gab
Rund 72 Millionen Fahrräder gab es Ende 2015 nach Angaben des Fachblatts „Fahrradwelt“ in Deutschland, etwa 50.000 in Speyer. Vor 100 Jahren waren es nicht ganz 1500 in der  königlich-bayerischen Kreishauptstadt der Pfalz. Doch anders als heute verdiente der Stadt einiges Geld damit. Die 1900 auch im Königreich Bayern eingeführte „Radfahrkarte“ war nämlich auch eine kleine Steuerkarte.

Als sich der Mechaniker Georg Theodor Stiller 1904 mit einer Fahrrad-Werkstatt selbständig machte, benötigt er schon von Berufs wegen eine Radfahrkarte. Sein Nachfahre Gerhard Stiller hat zwei davon im Nachlass gefunden. Von der Speyerer Ortspolizeibehörde waren sie am 30 Dezember 1909 und am 7. April 1910 ausgestellt und abgestempelt. Wie viel die Stadt Speyer mit diesen Radfahrkarten einnahm, ist nicht überliefert.

Der so genannte Führerschein für Fahrrad-Benutzer war jedes Jahr neu zu beantragen. die Karten unterschied sich in deutschen Landen etwas, Bayern verzichtete zum Beispiel im Gegensatz zu Preußen auf die Straßenbenennung und Angaben über Statur, Haare und besondere Kennzeichen des Inhabers.

Der Fahrrad-Verkehr war auch in Speyer streng geregelt, das Nichtbefolgen der Anordnung der „Wegepolizeibehörde“ konnte mit der gewaltigen Summe von 60 Mark bestraft werden, „im Unvermögensfalle“ mit Haft. Zusatzbemerkung: „Zur Kenntlichmachung eines Polizeibeamten war das Tragen einer Dienstmütze ausreichend. Nach seinem Halteruf war jeder Radfahrer verpflichtet, sofort anzuhalten und abzusteigen“.

Weil es damals nur wenige Autos gab, hatte der Radfahrer sein Augenmerk hauptsächlich auf Fuhrwerke, Vieh und Militärmarschkolonnen zu richten. Anmerkung: „Mit dem Fahrrad-Glockenzeichen ist sofort aufzuhören, wenn dadurch Pferde oder andere Tiere unruhig werden“.

An Fuhrwerken, Reitern, Viehtransporten, Fußgängern und auch Kraftfahrzeugen war links vorbeizufahren. Und zwar so, dass Unfälle oder Störungen vermieden wurden. Zudem „darf innerhalb geschlossener Ortsteile nur mit mäßiger Geschwindigkeit gefahren werden. Wettrennen sind verboten, „Ausnahmen sind zu genehmigen“. Und „Beim Bergabfahren ist es verboten, beide Hände gleichzeitig von der Lenkstange zu nehmen und beide Füße von den Pedalen“. (wk)