Der Tafelsbrunnen

Der Tafelsbrunnen zwischen Speyer und Berghausen war früher ein beliebtes Ausflugsziel der Speyerer Bevölkerung. Im Laufe der Jahre hat sich aber viel geändert. Man muss aber dankbar anerkennen, dass die Brunnenanlage selbst in gutem Zustand ist. Eine Überdachung mit Sitzmöglichkeiten bietet sich zur willkommenen Rast an.

Der verdiente Speyerer Flurnamenforscher Gymnasialprofessor Dr. Engelhardt konnte nachweisen, dass der Tafelsbrunnen im Mittelalter St.-Afra-Brunnen hieß – in der Nähe stand ja einst eine Kapelle zu Ehren von St. Ulrich und St.Afra (der Flurnamen “hinter St. Ulrich” erinnert daran) – und urkundlich 1295 zum ersten Male genannt wird (Näheres bei Engelhardt: Geschichtliche Erinnerungen). Von der Quelle erzählt eine fromme Legende: Der hl. Servatius (zwischen 348 und 384, Bischof von Tongern) habe, “als er in der Speyerer Mark durch brennenden Durst gequält wurde, mit dem Finger ein Kreuzzeichen auf die Erde gemacht, worauf eine lebendige Quelle aus dem Boden sprudelte, welche von da an nie versiegte” (nach Joh. Geissel). Der Speyerer Geschichtsschreiber Wilhelm Eysengrein (1564), der zum ersten Mal von dieser Legende berichtete (ohne allerdings, wie das bei ihm üblich ist, eine Quelle anzugeben), gab aber keine näher bezeichnete Örtlichkeit an, und so brachte man den hl. Servatius, da es in neuerer Zeit in der Speyerer Gemarkung außer dem Tafelsbrunnen keine Quelle mehr gab, mit ihm in Verbindung. Bemerkenswert ist der Fund einer römischen Münze: “1894 gefunden beim Tafelsbrunnen”. Die Münze trägt die Aufschrift: “Sabina Augusta Hadriani Augusti”. Sie war also zu Ehren der Kaiserin Sabina, der Gemahlin Hadrians (117-138), geprägt worden.
In einem Vortrag, den Dr. Engelhardt 1911 über die Speyerer Flurnamen hielt, führte er u.a. über den Tafelsbrunnen aus: “Die Benennung nach St. Afra war zur Verdrängung der Erinnerung an die heidnische Göttin, die hier die Seelen der kleinen Kinder barg, bis sie der Storch der glücklichen Ehefrau zutrug, nur nützlich”. Später kam Dr. Engelhardt offenbar von dieser Meinung ab. Wie dem auch sei, jedenfalls behaupten die Speyerer, der Storch würde die neugeborenen Kinder am Tafelsbrunnenweiher – er liegt unterhalb der Quelle und wird von ihr gespeist – holen.

Wer sich die Mühe macht und den Tafelsbrunnen aufsucht, findet über den drei Brunnenröhren die Jahreszahl 1857 eingemeißelt. Wie kam es dazu? Das beliebteste Ausflugsziel in damaliger Zeit war Berghausen, “da sich hier eine Gartenanlage im englischen Geschmack befindet, die in der Tat des Besuches in ihrer reizenden, idyllischen Lage wert ist, wie denn auch das Wirtshaus dabei nichts zu wünschen übrig lässt” (August Becker: Pfalz und Pfälzer – 1857). Der Weg zur Mattern’schen Wirtschaft (später “Pfälzer Hof”) – diese meinte August Becker nämlich – war für manche stattliche Speyerer Bürgerfamilie schon weit und der Durst oft groß. Da half nun der Tafelsbrunnen auf dem Wege aus: dem einen schenkte er ein klares, kühles Nass, dem anderen gewährte er beschauliche Ruhe.
Damals lebte in Speyer ein wohlhabender Junggeselle, der Stadtrat und Gutsbesitzer Daniel Friedrich Heppenheimer (1798-1860). In einer Stadtratssitzung (1855) hatte er den Vorschlag gemacht, man möge das Wasser des Tafelsbrunnens zum Königsplatz leiten und dort einen Laufbrunnen zu Ehren König Ludwigs I. von Bayern errichten. Die notwendigen Gelder könnte man durch eine Subskription unter den Bürgern aufbringen. Er selbst erbot sich, zu diesem Zweck 500 Gulden zu geben. Das war in jener Zeit eine ansehnliche Summe.
Die Stadträte waren nicht abgeneigt, holten aber zuerst ein Gutachten des bekannten Speyerer Mathematikers Schwerd ein. Dieser teilte dem Stadtrat mit, dass nach seiner Messung vom Jahre 1822 – Schwerd begann seine Messung zur kleinen Speyerer Basis “auf dem Damme, welcher von dem sogenannten Davidsbrunnen bis zum Rheindamme hinzieht” – das Pflaster des Altpörteldurchganges 4,32 Meter höher liege als die mittlere Ausflussröhre des Tafelsbrunnens (1820 bezeichnete ihn Schwerd als Davidsbrunnen!). Da bekanntlich Wasser nicht den Berg hinaufläuft und es damals weder Wasserwerk noch Wasserturm gab, wurde dieser Plan fallengelassen. Heppenheimer erbot sich nun, “diese Summe von 500 Gulden zur Verschönerung an dem Tafelsbrunnen selbst zu verwenden, wann es der Stadtrat genehmigt, demselben den Namen Ludwigs-Tafelsbrunnen zu geben”. Diesem Plan stimmte der Stadtrat einstimmig zu. Damit nun die Quelle und Umgebung ihrem neuen Namen auch entspräche, hatte Heppenheimer einen Plan und Kostenvoranschlag fertigen lassen. In einem weiteren Angebot versprach er sogar 700 Gulden, wenn die Stadt diese “Pläne so schnell als möglich ausführe” und ihm die Mitwirkung bei der Ausführung gestatte.
Nach einem Sitzungsprotokoll vom 26.8.1856 war “ein Teil der projektierten Arbeiten” schon zur Ausführung gekommen, ohne dass man “feststellen konnte, wer eigentlich diese Ausführungen angeordnet hatte”. Offenbar hatte Heppenheimer von sich aus mit den Arbeiten begonnen.
In einer weiteren Sitzung legte Heppenheimer einen Plan samt Kostenvoranschlag von 1449 Gulden vor. Er meinte dazu, die Stadt könnte 500 Gulden geben und den Rest von 249 Gulden auch übernehmen. Der Stadtrat war damit einverstanden und übertrug ihm die Leitung der Arbeiten. Die Regierung genehmigte am 15.1.1857 den Kostenvoranschlag und bestimmte, dass “die Arbeiten auf städtischen Kosten zur Ausführung” zu bringen seien. Sie ermächtigte die Stadt, “das Anerbieten des Stadtratsmitgliedes Heppenheimer nach vollzogener Herstellung dieser Arbeiten, die Summe von 700 Gulden in die Stadtkasse einzuschießen” anzunehmen und “wenn der Stadtrat beabsichtigen wollte, dem Tafelsbrunnen in Zukunft den Namen Ludwigsbrunnen beizulegen, so sieht man einem weiteren wohlmotivierten Antrage derselben entgegen”. Die Rechnungsbücher der Stadt geben einigen Aufschluss über die Ausgestaltung der Brunnenanlage. Im Rechnungsbuch 1856/57 wird zum Beispiel unter “Außerordentlichen Ausgaben” angeführt: “1. Heppenheimer Friedrich als Leiter der Arbeiten am Tafelsbrunnen – 132 Gulden (im folgenden Text abgekürzt – fl). Weitere Auslagen entstanden durch die Einebnung des umliegenden Geländes und die Herstellung eines “Abtritts”. Die Planierungsarbeiten erledigten “Schopp, Bausch und Consorten”. Im ganzen wurden in diesem Rechnungsjahr 285 fl verausgabt. Das Rechnungsbuch des Jahres 1857/58 führt unter “Verschönerung des Tafelsbrunnens” an: “Stegmayer Matthias, Zimmermann, für die Ausführung der Zimmermannsarbeiten an der Vorhalle des Tafelsbrunnens 108 fl, Wüst Andreas, Blecharbeiter, für Blecharbeiten an der Trinkhalle 123 fl, Lang Matthias, Maurer, für Maurerarbeit 882 fl, Hollinger Wilhelm, Maurer, für Arbeiten an der Vorhalle 11 fl, Guttermann Jakob, Schlosser, für Beschlag an der Abtritttür 1 fl, Wingerter Konrad, Tüncher, für Ölfarbanstrich des Abtritts 1 fl, Weber Christian, Schreiner, für eine Sitzbank 5 fl. Im ganzen wurden in diesem Rechnungsjahr für den Tafelsbrunnen 1135 Gulden und 2 Kreuzer ausgegeben. Nach einer bei den Akten liegenden Rechnung erhielt der Schlosser Friedrich Steinbauer für die Herstellung von “drei Röhren mit Stützen” 12 fl. Der Zahn der Zeit hat seine kunstvolle Arbeit zerstört. Sie wurde aber durch eine neue ersetzt.
Im letzten Krieg wurde die Trinkhalle – man brauchte Alteisen – abgerissen.
Heute steht dort ein aus Holz gebauter Pavillon mit Sitzgelegenheit und lädt wieder zur Rast ein.

Quelle: Beiträge zur Speyerer Stadtgeschichte Heft 1, Fritz Klotz, Stadtgeschichtliche Miszellen

Einst Elendherberggarten – heute “Ein Haus für Kinder”

Einst Elendherberggarten – heute “Ein Haus für Kinder”

Wer den städtischen Kindergarten und die Kindertagesstätte besuchen will, muss durch ein altes, wenig beachtetes Tor schreiten. Oben, zu beiden Seiten des Schlusssteines, sind die Zahlen 17 und 49 eingemeißelt. Sie ergeben das Erbauungsjahr des Torbogens: 1749. Damals nämlich umgab das Elendhergerg-Almosen, eine mittelalterliche Stiftung, die sich der armen Wanderer und Pilger annahm, die oberen Teile seines ausgedehnten Gartens in der Vorstadt Altspeyer mit einer Mauer. Gegen den Nonnenbach zu brauchte man keine Mauer aufzurichten, denn dort war sumpfiges und oft überschwemmtes Gelände.

Eingang

Das Rechnungsbuch des Elendherberg-Almosens vom Jahre 1749 berichtet vom “Ausgabegeld wegen Aufführung einer Mauer zwischen den Nonnen zu St. Clara und der Cron (die “Krone”, das spätere “Goldene Lamm”, heute befindet sich dort ein Dönerladen), dann die Cron und Neumühl herunter”. Der benötigte Kalk wurde von Altlußheim herbeigeschafft. Die Speyerer Heinrich Daniel Treutlinger, Ludwig Leibrand und Friedrich Zechner lieferten die Backsteine. Der städtische Bauschaffner Georg Pallant ließ 35 “Karch” (Wagen) Sand herbeifahren. Den Torbogen, so wie er heute noch erhalten ist, fertigte der Gimmeldinger Steinmetz Ludwig Schnitzer um 13 Gulden. Der Maurer Johann Eckard führte die Mauer und den Torbogen auf und erhielt 81 Gulden. Bauschaffner Pallant ließ um 11 Gulden die Holzflügel des Tores anfertigen und Philipp Ludwig Wunder erhielt für das Tor zu beschlagen 33 Gulden. Der Kärcher (Fuhrunternehmer) Martin Rehm schaffte noch 12 Karch Sand und dann 2 Klafter Steine vom alten Gutleuthaus an die Baustelle. Er erhielt 5 Gulden. Ein weiterer Kärcher, Wolfgang Dietrich Gruber, bekam 7 Gulden für die Fahrten. Die Gesamtkosten betrugen 251 Gulden und 58 Kreuzer.

Bis zum Jahre 1782 blieb dieser Garten, “Elendherberggarten” genannt, im Besitz des Elendherberg-Almosens. Im Juni dieses Jahres ging er in den Besitz des Domkapitels über. Er sollte die allgemeine Begräbnisstätte der Speyerer Katholiken werden. Seit 1773 hatte sich nämlich das Domkapitel um einen neuen Friedhof bemüht, denn die alten Kirchhöfe der Stadt waren teils überfüllt, teils in einem wenig pietätvollen Zustand, außerdem drängte der Rat zur Aufgabe dieser mittelalterlichen Kirchhöfe. Die Lutheraner und Reformierten hatten ihre Friedhöfe bereits in der Vorstadt Alt-Speyer. Nach längeren Verhandlungen erhielt dann im Juni 1782 das Domkapitel zwei Morgen des Elendherberggartens. Als Entschädigung bekam das Elendherberg-Almosen 750 Gulden und den Kleinen Sakramentsgarten an der Seilerbahn (heute Zeppelinstraße). Die damaligen Beständer (Pächter) des Gartens durften noch ihren Krapp ernten. Inmitten des neuen Friedhofes wurde ein großes Kreuz aufgerichtet. Am 22. Juli 1783 erfolgte die Weihe des Gottesackers durch den damaligen Pfarrer der Kreuzpfarrei (Dompfarrei) Friedrich Joseph Schwarz. Der erste Speyerer, der darin beigesetzt wurde, der “primus in novo coemeterio”, war der Bürger Bartholomäus Hetzer. Nachdem Speyer im Jahre 1816 Kreishauptstadt des neuen bayerischen Rheinkreises und zwei Jahre später wieder Bischofssitz geworden war, wuchs der katholische Bevölkerungsanteil sehr rasch, so dass der 1817 bereits vergrößerte Friedhof schon 1827 so belegt und unübersichtlich geworden war, dass man zwei Wege anlegen ließ, um ihn in vier Abteilungen zu gliedern. Vorher mussten die Leichenträger mit ihrer Last über Grabhügel steigen, was allem Anschein nach nicht immer ohne Unfall abging. Beim Kreuzungspunkt der beiden Wege stand das bereits erwähnte Kreuz. In seiner Nähe wurden die Geistlichen beigesetzt, darunter auch der 1826 verstorbene Bischof Matthias von Chandelle.

Seit 1835 bemühten sich die Katholiken um einen neuen Begräbnisplatz, weil jede Ausdehnung des Friedhofgeländes unmöglich war. Die Stadt wies ihnen dafür den östlichen Teil des heutigen Alten Friedhofes zu. Dieser Platz gehörte dem Spital und war als Weingarten angelegt. 1841 war der neuangelegte Friedhof zur Aufnahme der Verstorbenen bereit. Der letzte Tote, der im ehemaligen Elendherberggarten begraben wurde, war der am 12. November 1841 verstorbene Anton Roth. Im ganzen hatten etwa 3000 Katholiken in diesem Friedhof ihre letzte Ruhestätte gefunden.

Aus guten Gründen veräußerte der Domfabrikrat (Kirchenrat) den nun geschlossenen Friedhof nicht. Man hatte noch zu gut die pietätlose Auflassung des reformierten Friedhofes in Erinnerung. Es war gut so, denn schon fünf Jahre später verfielen die Speyerer Bäcker und Brauer auf den wenig taktvollen Einfall, ausgerechnet dort ihren Holzstapelplatz zu errichten, was natürlich abgelehnt wurde. In den ersten Jahrzehnten blieben auch die Grabsteine erhalten. Das große Kreuz war dagegen schon 1841 in den neuen Friedhof, den heutigen Alten Friedhof, übertragen worden. (Heute steht es an der Nordmauer des Kapitels-Friedhofes von St-Bernhard.) 1863 wurde der ehemalige Friedhof eingeebnet und die noch vorhandenen Grabsteine an den Mauern aufgestellt. Nach und nach verschwanden sie. Ein in der Nähe wohnender Steinmetz soll sie zu neuen Grabsteinen umgearbeitet haben.

Bis zum Jahre 1953 verblieb der ehemalige Elendherberggarten und einstige katholische Friedhof als Gärtnereigelände im Besitz der Dompfarrei. Dann kam er auf dem Tauschwege in den Besitz der Stadt, die im Sommer 1954 (1. Spatenstich am 13. Juli) mit dem Bau eines Kindergartens begann, der am 6. April 1955 seiner Bestimmung übergeben wurde. Seitdem ziehen frohe Kinder durch das alte Eingangstor des ehemaligen Elendherberggartens, unbekümmert um die Vergangenheit ihres Spielplatzes. Im Spätsommer 1964 wurde mit dem Bau einer eigenen Kindertagesstätte begonnen (1. Spatenstich am 22. September 1964). Sie öffnete am 21. Januar 1966 ihre Pforte.

Quelle: Beiträge zur Speyerer Stadtgeschichte Heft 1, Fritz Klotz, Stadtgeschichtliche Miszellen

Ein 250jähriger Torbogen

Ein 250jähriger Torbogen

Wer mit “offenen” Augen die Georgengasse – für die Ur-Speyerer der Schwanenbuckel- entlanggeht, erblickt auf der östlichen Straßenseite, gegen das evangelische Pfarrhaus zu, ein altersgraues Rundbogentor. Oben am Keilstein erkennt man bei genauerem Hinsehen einen stelzfüßigen Bettelmann mit einer umgehängten Almosentasche. Er erinnert daran, dass hier in vergangenen Tagen der Eingang zum St.-Georgen-Hospital war. Wieviel Leid, wieviele Not mag das bucklige Männlein in den zweihundertfünfzig Jahren, seitdem dieser Torbogen errichtet ist, gesehen haben?

Torbogen

Im Inventarisationsband der Speyerer Kunstdenkmäler wird über dieses Tor berichtet: “Rundbogentor, in einer für das Speyerer Rokoko bezeichnenden, schlichten Architektur. Am Keilstein Relief eines stelzfüßigen Bettelmannes. Sehr gute, mit Humor aufgefasste Arbeit von Vinzenz Möhring, um 1760 bis 70″.
Wenn man sich die Mühe macht und in den Rechnungsbüchern des ehemaligen St.-Georgen-Hospitals – sie werden heute im Stadtarchiv verwahrt – nachsucht, findet man im Rechnungsbuch für das Jahr 1764 folgenden Eintrag: “Ausgabe für Baumaterialien – 13. August 1764 dem Steinhauer Matthes Dojieu vor (für) einen steinernen Torbogen ad (zu) 131/2 (Gulden), eodem (dazu) dem Bildhauer Möring vor Bearbeitung des Schlusssteines, hieran laut Zettel (Quittung) zahlt (bezahlt) 2 fl 45 xr (Kreuzer)” und im Amtsprotokoll des St.-Georgen-Hospitals vom 18. Juli 1763: “Mit dem Steinhauer Matthes Doyen von St. Martin einen Torbogen zum Spital akkordiert, welcher im Lichten sein soll 111/2 Schuh (3,31 m), hoch 12 Schuh (3,45 m), von quadratischer Arbeit mit Schaft, Capitalen und Radkugeln in loco St. Martin abzuholen um 13 fl 30 xr”.
Möhring erhielt also für seine kunstvolle Arbeit 2 Gulden 45 Kreuzer, für heutige Verhältnisse eine mehr als bescheidene Summe (Ein moderner Bildhauer würde dieses Honorar mit Entrüstung zurückweisen. Möhring hätte sich damals für diesen Betrag etwa 20 Pfund Rindfleisch kaufen können).

 

SeitdemKeilstein sind 250 Jahre dahingegangen. Auch das stelzfüßige Bettelmännlein hat das zu spüren bekommen. Wind und Wetter hatten ihm so zugesetzt, dass man es 1956 samt dem Keilstein aus dem Bogen herausnahm und ihm seitdem im Museum einen Unterschlupf gewährt. Da der Torbogen seinen ursprünglichen Reiz nicht verlieren sollte, wurde an Stelle des Originals eine Kopie, gefertigt von Bildhauer Rehberger, eingesetzt. Wer weiß, ob das neue Bettelmännlein in 250 Jahren noch von seinem Bogen herunterschaut?

Über den Bildhauer Vinzenz Möhring sei in einigen Zeilen berichtet. Geboren 1718 in Alsleben in Unterfranken, kam er im Spätjahr 1746 nach Speyer und übernahm die Werkstatt des im Frühjahr des gleichen Jahres verstorbenen Bildhauers Johann Georg Link. 1748 erhielt Möhring das Bürgerrecht der Reichsstadt Speyer und heiratete die Witwe des verstorbenen Link. Zwei seiner Stiefsöhne lernten und arbeiteten in seiner Werkstatt: Franz Konrad Link (1730 – 1797), der spätere kurpfälzische Hofbildhauer, und Peter Anton Link (1743 – 1824), der nach dem Tode Möhrings die väterliche Bildhauerwerkstatt übernahm. 1753 gehörte Möhring dem großen Zunftausschuss der Zimmerleutezunft an. 1777 verstarb er und wurde im St.-Johannes-Kirchhof an der Johannesgasse beigesetzt.
Möhring war ein gesuchter und tüchtiger Bildhauer. Viele seiner Arbeiten gingen verloren oder sind nicht mehr als seine Arbeiten bekannt. Erhalten blieben: in der Pfarrkirche zu Waldsee einige Figuren vom ehemaligen Hochaltar (1746/47), in Speyer eine überlebensgroße Fortuna (1749) vom ehemaligen Neuen Kaufhaus (heute Stadtbauamt), aufgestellt in der Eingangshalle des Museums, an der Pfarrkirche zu Kirrweiler ein Wappenstein des Fürstbischofs Franz Christoph, Freiherr von Hutten (1749), an der Außenseite der Sakristei an der Pfarrkirche zu Venningen ein Wappenstein des Bistums (1750), in der Pfarrkirche zu Hambach ein prächtiger Hochaltar (1753), in der Pfarrkirche St. Jakobus zu Schifferstadt eine Taufe Christi (1763) und wieder in Speyer an der Südseite des Domes das Grabdenkmal des Bischofs Gerhard von Ehrenberg (1776).
Außer diesen Arbeiten gibt es – auch hier in Speyer – noch einige Werke, die man Vinzenz Möhring zurechnen kann. Ein urkundlicher Nachweis lässt sich aber in diesen Fällen nicht mehr führen.
In diesem Zusammenhang sei auch an das Eingangstor zum ehemaligen Jesuitenkolleg in der Stuhlbrudergasse erinnert. Erst vor wenigen Jahren – im Oktober 1957 – fiel es der Straßenverbreiterung zum Opfer. Jahrelang lagen die einzelnen Bogenteile im städtischen Baulager an der Hafenstraße. Da überraschte eine Zeitungsnotiz am 23. Dezember 1962, in der es hieß, der Torbogen des ehemaligen Jesuitenkollegs sei nach Grünstadt gekommen und dort am gerade renovierten ehemaligen Kapuzinerkloster wiederverendet worden.

Quelle: Beiträge zur Speyerer Stadtgeschichte Heft 1, Fritz Klotz, Stadtgeschichtliche Miszellen