Zimmerleutturm

Zimmerleutturm (1546). Dieser Name passt zum Namne des benachbarten Kürschnerturms. (Das dazwischenliegende Heidentürmchen zählte nicht; es war waffen- und namenlos.)

Die Zimmerleute bildeten 1327 die achte Zunft; dazu gehörten auch andere Bauhandwerker und die Schiffbauer (Hasenpfühler) noch 1377. Als sich aber die Hasenpfühler als eigene Halbzunft herauslösten, sank die Zimmerleutzunft zu einer Halben Zunft ab. Die Kürschnerzunft war ebenfalls geschrumpft, so dass 1432 unter Nummer „9. die Kürsener eine halbe und die Zymerlüdte eine halbe“ Zunft bildeten; jede bekam also ihren Turm. Noch 1611 waren die beiden Zünfte so getürmt.

Heidenturm

Heidenturm (1768); Heidentürmlein (1773). Das „Türmlein hinter der Pfaffenstube“ wird erstmals 1546 genannt, ist auch bei Sebastian Münster (1550) und auf dem Klüpfelsauplan von 1574 zu sehen. Wegen seiner malerischen Form fehlt es auf keiner Ostansicht der Stadt. Auch der Stadtplan von 1730 zeigt es in einer Vogelschau-Ansicht, die Legende führt es aber nicht auf. Selbst das gewissenhafte Inventar von 1611 erwähnt den Turm mit keinem Wort, genausowenig wie die Turmliste in den Speierer Mannigfaltigkeiten von 1783. Kurz, dieser langezeit namenlose Turm war hübsch anzusehen, aber unwichtig.

1768 heißt es erstmals „das Heidenthürnlein“. „Die Heydenthürnlein ist ein uraltes Monument“, sagt Becker, und auch Friedrich Blaul berichtet: Man „hält es für das älteste Gebäude der Stadt“. Und das neben dem Dom! Eine Sage erklärt den Namen; Blaul hat sie bei seiner Reise von 1836 nach der Erzählung eines alten Mannes aufgezeichnet: Ein Riese mit seinem Weib, zwei Heiden also, hätten sich vorzeiten hier niedergelassen und den Turm gebaut. Die zweite Namenserklärung stammt wohl von Konrad Engelhardt. Das Vorland des Turms, diesseits vom Spich und jenseits, auf der Klüpfelsau, sei ursprünglich wüstes, vom Hochwasser versumpftes Land, also eine Heide gewesen. Engelhardt datiert den Bau ins 12. Jahrhundert. Abgesehen davon, dass die drei größeren Nachbartürme derselben „Heide“ gegenüberlagen, war dort zur Bauzeit des Türmchens geordnetes Wiesenland, zum Beispiel „Klüpfels Au“, und nicht stärker hochwassergefährdet, als die anderen Wiesen der Rheinniederung.

Eine angemessenere Deutung berücksichtigt, dass der Turm noch im 17. Jahrhundert namenlos war. Die Zeitgenossen der anschließenden Aufklärung interessierten sich lebhaft für das Alte; sie vermuteten in vielen Bauten und Fundstücken Römisches, also Heidnisches, und vergriffen sich noch maßlos beim Datieren. Man braucht nun beim Heidenturm nur die beiden „uralten“ Kopfkonsolen (an der Feldseite) als Leitbilder für die Sage aufzufassen, dann sieht man, wie Heide und Heidin, jeder für sich, ein zierliches Treppentürmchen tragen; man hat wortwörtlich zwei Heidentürmlein vor sich. Johannes Becker jedenfalls kannte 1773 die Legende schon, denn ersagt in der Stadtbeschreibung ausnahmslos (achtmal) „die Heydenthürnlein“. Der Plural ist ungewöhnlich: Er kann nur von den beiden flankierenden „Stiegenthürnlein“ und von deren Kopfkonsolen herrühren. Im Altpörtel ruhten die Gewölberippen der Durchfahrt ebenfalls auf Figurenkonsolen, bei anderen Toren wohl auch; nur hatten diese Türme längst feste Namen.

Das Speyerer Heidentürmchen verlängert die Liste der Heidenmauern, Heidentürme, Heidenwälle usw. um ein besonderes Beispiel, indem – zweifellos mehr poetisch, als ernst gemeint – sogar ein gotischer Bau in die Vorzeit datiert ist.

Utenturm

Utenturm (1361); Kürschnerturm (1546); Pfalzturm (1768); Udenturm (1773). Vor dem alten Mauerzug, den die frühgotische Hochmauer mit ihren Renommiertürmen verstärkte, lag ein domstiftisches Anwesen auf der Ecke des Domhügels. Es war später von der äußersten Zwingermauer umfangen. In Sebastian Münsters Stadtansicht (1550) und auf dem Speyerer Exemplar des Klüpfelsauplans (1574) ist das Haus zu sehen. An dem hohen Turm, der seit 1278 stadtseitig davor aufragte, könnte Herrn Uto, dem Hausbesitzer, höchstens gefallen haben, dass sich der Name „Herrn Uten Turm“ einbürgerte. „Herr“ weist Uto als Standesperson aus; vielleicht handelt es sich um den Domherrn Uto von Impflingen. Dann war er im „Hof dez von Wilre“ (Weiler) Nachfolger des durch den Mauerausbau zuerst betroffenen Domstiftsschaffners, für den das Kapitel bei König Rudolf mit Erfolg auf Beibehaltung des Türrechts geklagt hatte. Die Stadt musste es weiter gewähren; Tür und Tor „unten durch den Turm“ sind sogar noch da. Man hatte den zierlichen, militärisch unbedeutenden Heidenturm darübergesetzt (um 1280), der so zu seiner auffälligen Form eines Pfortenturms kam. Mit der Zuordnung der Türme zu den Zünften verlor sich allmählich der Name Uten Turm zugunsten von „Kürschnerturm„. Der Name Pfalzturm erklärt sich von selbst; der Turm stand hinter dem Garten der Bischofspfalz.