Zum Tode von „Fräulein“ Liesel Jester

Zum Tode von „Fräulein“ Liesel Jester

 

Heute, am 08. November 2018 wurde eines der letzten Speyerer Originale zu Grabe getragen. Wie oft waren wir in der Jugend in ihrer Wirtschaft, zuletzt in der St.-Guido-Straße, dem Orchestrion lauschend und dem Bäckersänger Schorsch, der mit zunehmendem Weinkonsum immer lauter sang: „Hast mich noch am Bändchen, hast mich noch am Gängelband“
Vorbei die Zeit, in der Fräulein Liesel (ihr) unliebsame Gäste einfach und sehr direkt rauswarf („So, sie gehen jetzt!“), das Quietschen der Brotschneidemaschine in der Küche oder das Servieren der Rechnung in Pfennigen, geschrieben mit Kreide auf einem Silbertablett. Ach, viele Geschichten könnte ich erzählen….

Danke, liebes Fräulein Liesel, vielen Dank für die Bereicherung, die Sie mir und vielen, vielen anderen beschert haben! Ruhen Sie in Frieden! /mv

Späte Erleuchtung

2018 machen etwa 5600 Straßenleuchten die Speyerer hell(e). Das besorgen die auf Modernisierung und Kostenersparnis bedachten Stadtwerke teilweise per LED-Lampen mit ihren emittierenden, das heißt Licht ausstrahlenden Dioden. Damit hat Speyer anderen Kommunen einiges voraus. Das war in der Anfangszeit der Straßenleuchten nicht der Fall.

 

Erst am 20. Dezember 1912 und damit 52 Jahre, nachdem am 28. November 1860 die ersten Gasleuchten ihre Straßen und Häuser erhellten, ging den Speyerern und Speyerinnen ein weiteres Licht auf. Am 20. Dezember 1912 und damit wesentlich später als anderswo in der Pfalz erleuchtete die Elektrizität auch Speyer. Jedenfalls einige Haushalte und Geschäfte in der Maximilian-, Bahnhof- und Ludwigsstraße, nicht jedoch die Straßen und Gassen. Noch 1925 wies ein von mehreren Anwohnern der Sämergasse unterschriebener Leserbrief in der „Speierer Zeitung“ darauf hin, dass es in dieser „Zufahrtsstrecke zum gut besuchten Wittelsbacher Hof nur eine einzige Gaslampe gibt“, die jedoch oft ausfalle. „Ebenso die am Wittelsbacher Hof angebrachte elektrische Beleuchtung“. Dazu merkten die Leser an: „Dabei wäre es im Interesse der Speyerer, ihre Stadt den Reisenden im schönen Licht zu zeigen“.

 

Im Gegensatz zu Speyer waren andere Kommunen dank eigener oder privater Elektrizitätswerke oder dank Zulieferungen schon längst „helle“. So Kaiserslautern ab 1894, Neustadt (1895), Homburg, Bergzabern (beide 1897), Pirmasens (1998), Schifferstadt (1900) sowie Ludwigshafen und Edenkoben (beide 1901). Warum ausgerechnet die Hauptstadt des bayerischen Rheinkreises Pfalz spät auf die Neuerung reagierte, hängt mit lange anhaltenden abwägenden Überlegungen des Speyerer Stadtrats zusammen.

 

Obwohl bereits 1897 ein Stadtratsthema – nach einer Anfrage des Bezirksamtmanns (heute: Landrat) Graf Luxburg an die Stadtverwaltung –  entschlossen sich die Speyerer Ratsherren erst am 18. März 1912 zur Versorgung mit Elektrizität mancher Haushalte und Straßen. Zuvor war die Entscheidung, entweder am Rhein ein eigenes Kraftwerk (E-Werk) zu bauen oder sich von auswärts Strom liefern zu lassen, lange und ergebnislos beredet worden. Das ging dem Stiftungskrankenhaus, der Patronenpfropfen-Fabrik Heß und der Brauerei Schwartz-Storchen nicht flott genug. Sie richteten eigene E-Werke ein.

 

Speyers Stadtverwaltung nahm sich das zum Ansporn. Drei Tage, nachdem am 17. Dezember 1912 der (Land-)Kreis Pfalz, die Städte Ludwigshafen, Frankenthal, Homburg und die Rheinische Schuckert-Gesellschaft in Ludwigshafen die Pfalzwerke AG gegründet hatten (Ludwigshafen und Homburg brachten dazu ihre E-Werke ein, die Schuckert-Gesellschaft das Kraftwerk Edenkoben), folgte die Domstadt mit der Einführung der Elektrizität. Damit betrieben wurden anfangs nur wenige Straßenleuchten, noch im Februar 1963 waren 600 von 1100 Lampen „auf Gas“. In der „Rheinpfalz“ hieß es dazu im April 2006: „Bis 1972 wurden drei Straßen mit Gas und Strom beleuchtet. Mit der Einführung des Erdgases endete das Kapitel der Speyerer Straßengasbeleuchtung“. Das war um 2000.   – wk

 

„Alle Messebeschicker machten guten Geschäfte“


 

Obwohl sie ebenso genannt wurden, hatten die früheren Speyerer Jahrmärkte nicht viel gemein mit den heutigen Frühjahrs- und Herbstmessen. Zwar konnten sich die Besucher dort auch vergnügen, aber hauptsächlich sollte reichlich eingekauft werden.

„Die zwei Messen im Jahr waren die Haupteinnahmequellen für die  örtlichen Handwerker und Händler“ heißt es in einem Beitrag der „Speierer Zeitung“ von 1924. Die Messen wurden auf der zunächst „unter den cremen“ (Krämerbuden), dann Hauptstraße und ab 27. Mai 1816 Maximilianstraße genannten Hauptverkehrsader der Stadt abgehalten und dort zwischen Domplatz und Weinbrücke (heute Einmündung in die Wormser Straße).

In doppelten Budenreihen boten vorwiegend ortsansässige Handwerker ihre Erzeugnisse an. „Das Angebot war entsprechend der Jahreszeit den Bedürfnissen der Stadt- und Landbevölkerung angepasst“, heißt es in dem Zeitungsbeitrag.

Weiter verlautet in dem Artikel: „Jede Zunft behauptete ihren eigenen Platz. Die Kaufinteressenten wussten daher, wo sie zu suchen hatten. Hinter der alten Domdechanei hatten die Schuhmacher ihre Lattenstände, an denen doppelsohlige, genagelte Bauerstiefel hingen, in  denen man im Stehen sterben konnte ohne umzufallen. Daneben standen die Galoschen- und Holzschuhmacher. Es folgten die Küfer und Kübler.

In Richtung Weinbrücke standen Buden der Strumpfwirker, Wollhändler, Handschuhmacher und Dekateure (stellten besondere Wollstoffe her). Anschliessend kamen die Bürsten- und Besenbinder, die Kochlöffel- und Waschklammern-Schnitzer, die Siebmacher und so weiter. An der Ecke zur Salzgasse standen Waffelbäcker.

In der ersten Reihe vor der Sonne (heute das Modegeschäft Gerry Weber) boten Obsthändler ihre Ware an.  Es gab Stände der  Blechschmiede, Zinngießer, Brillenmacher, Kammmacher, Uhrmacher, Goldwarenhändler. Hut- und Kappenmacher, Kürschner, Sattler, Täschner, Bandagisten, Seifensieder, Perückenmacher, Schneider und Kleiderhändler. Dazwischen verteilt boten Zuckerbäcker Zuckerstangen und andere Süssigkeiten an.“

Damals habe es auch Warenhäuser „en miniature“ gegeben. Sie priesen ihre Waren auf roten Plakaten mit Preisvermerk an. Die „Speyerer Zeitung“ schrieb: „Als später die ,billigen Jakobe‘ kamen, war das Vertrauen in die Messen dahin“.

Später dehnten sich Frühjahrs- und Herbstmesse bis auf den Königsplatz aus. Dort waren die Hafner, Geschirr- und Porzellanhändler untergebracht, eine Reitschule (Karussell) mit Handbetrieb, Schießbuden, das „internationale Weltpanorama“, in dem die neuesten Weltereignisse auf kleinen farbigen Bildern dargestellt war, ein Kasperletheater und gelegentlich traten Moritatensänger auf.

Das Interesse an den zwei Speyerer Messen schildert die „Speyerer Zeitung“ so: „Einer Völkerwanderung gleich strömte die Landbevölkerung, besonders aus der badischen Nachbarschaft, nach Speyer, um ihren Bedarf für sich und ihr Gesinde zu decken. Waren die Einkäufe besorgt, dann wurde auch an das leibliche Wohl gedacht“. Es folgte eine Aufzählung vieler Wirtschaften und Kleibrauereien, „in denen des hoch her ging“

Der Beitrag schließt mit der Bemerkung: „Alle Messebeschicker machten gute Geschäfte. War das Wetter günstig, sah man nur frohe und zufriedene Gesichter“. – wk