Zwangsarbeit in Speyer

Der englische Bildhauer Robert Koenig erinnert daran mit 45 hölzernen Skulpturen

 

Ab dem 19. Mai 2017 sind 45 hölzerne Skulpturen des Bildhauers Robert Koenig Teil des Speyerer Stadtbildes. Damit will der Engländer aus Manchester auch seiner Mutter gedenken, die während der Nazi-Zeit als polnische Zwangarbeiterin in den Flugzeugwerken tätig werden musste.

Der Geschichtslehrer Jan Storre wird darüber am Sonntag, 11. Juni (11 Uhr), in einer gemeinsamen Volkshochschul-Veranstaltung des Stadtarchivs und des Historischen Vereins in der Villa Ecarius berichten.  Mit der „Zwangsarbeit in Speyer 1939 bis 1945“ befasste er sich in seiner Staatsexamensarbeit für die Universität Mainz. Unabhängig davon hat sich Diplomarchivarin Katrin Hopstock vom Stadtarchiv Speyer mit diesem Theme beschäftigt.

Mehrere Speyerer Betrieben wie den Flugzeugwerken Saarpfalz, dem Großunternehmen Siemens & Halske, der Firma Heß, der Schuhfabrik Rovo, Tabakfabrik Brinkmann und Gemüsekonserve-Firma Wirth hatten mehr oder minder freiwillige Zivilarbeiter, Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene beschäftigt. Auch kleinere Betriebe der Landwirtschaft, kommunale und kirchliche Einrichtungen nutzten diese Möglichkeit zu „preiswerten“ Arbeitskräften, die vorwiegend aus Polen, der damaligen UdSSR  und aus Frankreich kamen. Im Dezember 1943 gab es in Speyer 1942 Fremdarbeiter und -arbeiterinnen, von den über die Hälfte aus der Sowjetunion kamen.

Außerhalb der Arbeit lebten diese Arbeitskräfte in Firmenunterkünften, zu Schlafräumen umfunktionierten Gasthaussälen und in mehreren städtischen Lagern, so auf der Kuhweide, am Eselsdamm, an den Flugzeugwerken und an der Waldeslust. An den mit Draht umzogenen Wohnbarackenlagern für Kriegsgefangene waren Schildern angebracht mit der mehrsprachigen Inschrift „Halt! Wer den Warndraht überschreitet, wird ohne Anruf erschossen“.

Storre  berichtet auch von Zwischenfällen. So von der Arbeitsniederlegung französischer Zivilarbeiter am 12. Juni 1943 in der Tabakfirma Brinkmann. Die deswegen alarmierten Kriminalpolizei hielt fest, „sie haben  angegeben, vor Müdigkeit nicht mehr arbeiten zu können“. Der Streik sei gütlich beigelegt worden.

Meist weniger glimpflich endeten Diebstähle von Lebensmitteln und Tabakwaren. So wurden zwei „Ostarbeiterinnen“ in ein Konzentrationslager eingeliefert. Drei Franzosen erhielten offenbar wegen eines „Tauschgeschäfts“ Gefängnisstrafen zwischen sechs und 18 Monaten. Sie versuchten zweimal aus dem Speyerer Amtsgericht auszubrechen. Das misslang. Die Folge: Die Strafkammer Frankenthal verurteilte die Franzosen im Juli 1944  wegen „Gefangenenmeuterei“ zu hohen Gefängnisstrafen.

Streng verboten war der „nähere“ Kontakt zwischen Ausländern und einheimischen Frauen. Storre fand heraus: „Die öffentliche Diffamierung einer einheimischen Arbeiterin, der ein Verhältnis mit einem Franzosen nachgesagt wurde, blieb in Speyer die Ausnahme“.

Anmerkung: Auch in Dudenhofen gab es ein Lager für Zwangsarbeiterinnen; sie waren in der örtlichen Firma Walter und der Speyerer Rovo beschäftigt. Der Historiker Paul  Warmbrunn vom Landesarchiv Speyer berichtete vor einiger Zeit darüber. /wk