Pulverturm

Pulverturm (1632), Turm beim Maulbronner Garten (1546). Er ist 1500 erstmals erwähnt als Turm beim Frauenhaus (Bordell) in der Mehlgasse; als die Metzger zur Wache eingeteilt waren, war der Turm noch kein Pulverlager. Dazu genügte zunächst der Schusterturm (beim halben Dach), wo schon 1500 keine Wache mehr war.Erst nach 1500, mit der Fortentwicklung der Feuerwaffen, wurde auch der Turm beim Maulbronner Garten für Pulverlagerung und -bereitung eingerichtet. Er hatte vorher noch keinen amtlichen Namen, so dass die Funktionsbezeichnung Pulverturm allmählich zu seinem Eigennamen wurde (nach 1611), bis ihn der Stadtplan von 1730 verdarb. Wenn ich für diesen Turm wieder den Namen Pulverturm verwende, so ist das erstens eindeutig, sobald man dem „anderen Pulverturm“, dem beim Halben Dach, wiedergibt; zweitens wurde der Turm beim Maulbronner Garten tatsächlich „Pulverturm“ genannt. So schaffte 1634 der Zeugwart Heinrich Bückzahn Munition von der Judenschul, dem städtischen Zeughaus, „in Pulffthurn“. Damals scheint das eindeutig gewesen zu sein; ich beziehe es auf unseren „Pulverturm“. Die Stadtbeschreibung von 1714 (nach der Stadtzerstörung) äußert Zweifel, ob ein Allmendweg von der Lauergasse her „zum Pulverthurn hinein“ geführt oder ob die Stadtmauerallmende im Maulbronner Garten den Turmzugang gebildet habe. Drittens ist Becker 1773 in seiner Namensgebung gar nicht so sicher; er fügt in den Text nämlich ein: „Nota, an der Stadtmauer war ehemahls ein hoher, 4eckiger Pulverthurn, so aber ao. 1760 von sich selbst eingefallen“; auf dem freien Rand daneben steht indes klar und fett: „der Schuster-Thurn“, und das ist falsch.

Schusterturm

Schusterturm (1546), Turm beim Halben Dach (1773). Wegen der Verwechslung mit dem eigentlich namenlosen Pulverturm im Maulbronner Klosterhof-Garten (am Lauerzwinger) halten wir uns an die klaren Namenslisten von 1500 bis 1632 und können dadurch die Formulierung von 1611 durchschauen, die dann 1773 bei Becker und allen Späteren zur Namensvertauschung und zum Verlegenheitsnamen „Turm beim Halben Dach“ geführt hat. Die Listen zeigen: 1500: Judenturm (Bäcker) – Schusterturm (-) – Turm beim Frauenhaus (Metzger) – Salzturm (Turmhüter); 1546: Judenturm – Schusterturm – Turm nächst dem Salzturm, Turm bei dem Maulbronner Garten, „steet ein Zuckermül daruff“ – Salzturm; 1611: Judenturm (Bäcker) – Turm in der Lauergasse (Lauerzunft) – Schusterturm – daran nachfolgender Turm, „sind zwey Gewölb obenauf, darinnen etkliche Centner oder Thonnen Pulfers“ – Salzturm (Salzgässerzunft); 1632: Judenturm – „der ein Bulfferduhrn, ist noch zu brauchen“ – „der ander [Pulverturm], darin die Mülle, ist sehr verderbtt“ – Salzturm.

Der Name Turm beim halben Dach für den Schusterturm kam wohl erst nach der Zerstörung von 1689 auf, als es mit der Funktion eines Pulverturms vorbei war. Becker misst die Turmruine genau ein; er gibt ihr den vernünftig gebildeten neuen Namen, weil er den nächsten für den „Schusterturm“ hält. „Turm beim halben Dach“ ist also kein falscher, aber ein Barockname. Ich vermeide ihn daher (vgl. Bäckerturm/Totengräberturm). „Am halben Dach“ war damals eine Sackgasse, die zum Anwesen „zum halben Dach“ führte. Die Dachform des „Halben Hauses“ muss man als ungewöhnlich empfunden haben. Es war an die Stadtmauer angebaut und hatte (mit Sondergenehmigung) eine Tür auf den Wehrgang hinaus.

Judenturm

Judenturm (1384). Warum man dem Turm diesen Namen gab, ist rätselhaft. Zwischen dem Judenturm und dem 500 Meter entfernten Judenviertel am Bach westlich von St. Clara lag noch das Dorf Spire mit seiner Pfarrkirche St. Martin (ehemalige Stadtgärtnerei, heute Martinskirchweg). Die Juden bildeten keine Zunft. Sie hatten schon vor 1349 Bürgerrecht, waren aber nicht wehrpflichtig, mussten also auch keine Turmwache stellen. „Uff dem Judenthurnn solten die Becker seynn“, heißt es um 1500; noch 1611 war die Bäckerzunft dorthin getürmt. In vielen Städten gibt es ebenfalls einen Judenturm. Hatten die Speyerer Juden als Verteidigungsbeitrag einen Turm finanziert? Die Städte erhoben seit dem frühen 13. Jh. meist eine Judensteuer zur Unterhaltung der Mauern und zur Abgeltung der Wehrpflicht. Ob man diesen Innenstadt-Eckturm drunten im Mörsch erst nach dem großen Pogrom von 1349 einfügte und dabei besonders viele Judensteine verwendete? Damals hat man die Umfassungsmauer, die Brandstätten der Häuser des Judenviertels bei Dorf Spire und die Mauern und Gräber des Judenfriedhofs ihrer Steine beraubt zum Bau neuer Türme und zur Verstärkung der Stadtmauern.