Sport in den 1930-ern: Jugendführerausweis

Unter den Hunderttausenden von Dokumenten des Speyerer Stadtarchivs befinden sich auch 21 Exemplare, die die Leitung von Vereinen auch des Sports in der Zeit nach dem 1. Weltkrieg betreffen. Es sind von dem „Städtischen Bezirks-Polizeiamt“ namentlich ausgestellte 16 „Jugendführerausweise“ und fünf „Bescheinigungen über Anerkennung als Jugendpflegeverein“.

Führerausweise

Die Bezeichnung „Jugendführerausweis“ deutete nicht etwa darauf hin, dass die betreffende Person zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt war. Sondern der Jugendführerausweis war zur Vorlage bei polizeilicher Überprüfung einer geführten Gruppe von Kindern und Jugendlichen gedacht. Die Bescheinigung wiederum erkannte dem jeweiligen Verein die Eignung zu, auch Jugendabteilungen zu führen.

Das jedenfalls drückte auf den „Führerausweisen“ folgender, in  behördlichem Amtsdeutsch formulierter Zusatz nach der Namensnennung aus: “ . . . ist befähigt, Ausflüge der genannten Vereinigung zu Zwecken der Jugendpflege sachverständig zu leiten“. Es war also eine Art Unbedenklichkeits-Bescheinigung, wonach der oder die Person von dem oder jenem Verein geeignet und berechtigt, minderjährigen Vereinsmitgliedern zu Wettkämpfen oder eben Ausflügen zu  begleiten.

Darüber hinaus diente er dazu, die erwähnten Ausflüge preiswerter zu gestalten. Wurde er an Schaltern der „Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft“ vorgelegt, gab es Fahrpreis-Ermäßigungen.

Den im städtischen Archiv verwahrten Ausweisen liegt der Antrag an das „Jugendamt beim Bürgermeisteramt“ der Stadt Speyer bei. Das Schreiben lautet: „Der unterzeichnete Turnverein Speyer bittet um Ausfertigung eines Jugendführausweises für den Leiter seiner Hockeyabteilung, den Kaufmann Wilhelm Müller. Ein Passbild liegt demselben bei“.

Dem Wortlaut dieses Antrags nach zu schließen kann es sein, dass diese „Jugendführerausweise“ nichts anderes als behördlich genehmigte Nachweise zur Führung einer Vereins-Jugendabteilung waren. Darauf deutet jedenfalls ein an die Stadtverwaltung Speyer gerichtetes Scheiben des „Staatsministerium des Innern“ vom März 1933 hin, als die Nationalsozialisten alle nicht in ihrem Sinn geführten Sportvereine verboten und  die Gleichschaltung alle anderen Sportvereine befahlen.

Die entsprechende schriftliche Anweisung lautet: „Gemäß Regierungsentschließung vom 15. März 1933 ist Ihnen mit sofortiger Wirksamkeit die Anerkennung als jugendpflegetreibener Verband entzogen. Die Ihnen seinerzeit von der Regierung ausgestellte Bescheinigung wollen Sie sofort zurückgeben“.

Der Befehl – nicht anderes war es – ging unter anderem an Freie Turnerschaft (zu Händen des Vorsitzenden Adam Fehn), Athletenklub (Christian Feiniler), Arbeiter-Radfahrerverein Solidarität (Wilhelm Dupré), Freier Fußball-Verein (Adam Menking), Arbeiter-Schachklub (Wilhelm Klomann), Arbeiter-Schützen-Klub Spadonia (Franz Kayser).

Heute braucht niemand, der einen Sportvererein und dessen Jugendabteilung führen oder auch nur begleiten will, einen behördlich genehmigten „Führschein“. Der Sportbund Pfalz verweist allerdings auf die Möglichkeit, sich an neun Wochenenden über „wichtige pädagogische Grundkenntnisse und Arbeitshilfen im Umgang mit Kindern und Jugendlichen“ zu informieren“. Wolfgang Kauer (aus der Reihe: Stadtgeschichte(n) in der RHEINPFALZ, 2014); Bild: Stadtarchiv Speyer

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