Speyer und seine Kfz-Vergangenheit

Vorbild für das Königreich Bayern

Rund 53 Millionen Kraftfahrzeuge waren zu Beginn 2014 in Deutschland zugelassen, davon nach Auskunft der Stadtverwaltung derzeit 35.100 in Speyer. 1903 gab es in der Domstadt gerade mal zwölf Pkw’s und Motorräder, die in Privatbesitz waren. Das reichte, um ins pfälzische Spitzenfeld vorzufahren.

Automobil Stadtarchiv

Speyer hatte 1895 in dem bischöflichen Prälaten Joseph Eduard Konrad Bischoff (1828 – 1920) und seinem am 27. Juni 1895 bei der Mannheimer Firma Benz & Cie. bestellten „Benz-Veloziped“ zwar nicht den ersten Autobesitzer der Pfalz (das war 1894 der Ludwigshafener Druckereibesitzer Ernst Waldkirch mit einem Victoria Comfortable). Doch „kfz-mäßig“ hatte die damalige Hauptstadt der bayrischen Pfalz in der Folge manches zu bieten.

Darüber berichtete der promovierte Historiker Karl-Heinz Rothenberger in einem Stadtarchiv-Vortrag. Ergänzt mit RHEINPFALZ-Recherchen ergibt sich ein interessantes Bild der frühen Speyerer Auto- und Motorrad-Geschichte.

So galt die Domstadt am Rhein im gesamten deutschen Reich als Vorbild für einen „motorbetriebenen Personen-Linienverkehr“. 1905 richtete das Königreich Bayern auf der Grundlage der Speyerer Erfahrungen in seinem Hauptland diesbezügliche Verkehrsverbindungen ein.

Die erste unterhielt die „Speyerer Motorwagen-Gesellschaft m. b. H.“ zwischen 1899 und 1911 mit fünf Daimler-Omnibussen auf 17 Linien zu den umliegenden Dörfern, zum Hauptbahnhof, zum neuen Friedhof und zur Rheinhäuser Fähre. Start und Ziel war das Königliche Oberpostamt (heute Postgalerie), vor dessen Einweihung 1901 die „Alte Münz“.

Die Omibusse hatten 14 Sitzplätze und zogen bei Bedarf einen Anhänger mit 20 Sitzen. Stammbesetzung waren der Fahrer sowie je ein Schaffner und Kontrolleur. Die je 12 000 Mark teuren Motorwagen wogen 8000 kg, waren 5,60 m lang, 1,80 m breit und 2,80 m hoch. Ihr „10 HP II Cly. Benzin-Motor (Glührohrzündung)“ beschleunigte sie auf 14 Stundenkilometer. Obwohl sie ab 1904 auf Vollgummi-Rädern statt auf Eisenreifen fuhren, beschwerten sich Anwohner über Lärm und Sachbeschädigungen.

Vermutlich mit dem Knowhow der Reparaturen an diesen Omnibussen richtete Carl König um 1910 eine „Maschinenfabrikation“ ein, ohne indes als Produzent in Erscheinung zu treten. Zuvor schon hatte sich Jakob Kautz als Betreiber einer der ersten pfälzischen Autovertretungen empfohlen.

Als erster Speyerer Privatmann, der von Kaiser Wilhelm II vorgeschriebene Fahrerlaubnis hatte, galt 1909 der „Weißes Rössl“-Gastwirt Fritz Wirth. Die wahrscheinlich erste Speyererin, die etwa um 1926 ein Auto lenkte, war Gertrude Wellensieck, Frau des Tabakwaren-Fabrikanten Hans Wellensieck. Dessen Familie und die Familie Kirrmeier unterhielten schon um 1900 die ersten auch privat genutzten Firmenfuhrparks der Stadt.

In Speyer gab es nach Wörth die erste Schiffbrücke in der Pfalz, über die in den 1920-ern auch Autos und Motorräder setzen konnten. 1925 und 1926 wartete Speyer gar mit einer Veranstaltung auf, die in deutschen Auto- und Motorradsport-Kreisen Klang hatte. Das war das Dreieckrennen oder die Dreieckfahrt Speyer – Rehhütte – Schifferstadt – Speyer: 1925 und 1926 das bedeutendste Ereignis seiner Art in Deutschlands Südwesten und Süden. Wolfgang Kauer (aus der Reihe: Stadtgeschichte(n) in der RHEINPFALZ, 2014, Bild: Stadtarchiv Speyer)

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