Stadtviertel

Stadtviertel

Anders als in vielen anderen alten Städten gibt es in Speyer keine amtlichen Stadtviertel oder Stadtbezirke, allenfalls statistische Bezirke, wie zum Beispiel Wahlbezirke. Einige Distrikte tragen zumindest umgangssprachlich historische Namen.

Die in manchen Städten übliche Einteilung nach mittelalterlichen Zünften sind in Speyer aber teilweise  in Straßen- und Gassennamen erhalten. Nach Auskunft von Volker Anspach, zuständig für das Vermessungswesen ( Fachbereich 5 – Bauwesen) war auf dem Katasterblatt von 1820 die Stadt sechs Viertel nach den Farben gelb, grün, blau, braun, rot und weiß eingeteilt. Dergestalt „farbig“ ist Speyer heute nicht mehr.

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Die historischen Deutungen der folgenden acht Speyerer Distrikte beruhen auf dem 1910 von Konrad Engelhardt herausgegebenen und in der Kranzbühlerschen Buchdruckerei gefertigten Büchlein „Aus vergangenen Tagen“ und dem im Hermann G. Klein-Verlag erschienen Lexikon „Speyerer Straßennamen“ von Wolfgang Eger.

Im Vogelgesang: Der Bereich südlich der Umgehungsstraße B 39, die im wesentlichen der alten Bahnlinie Speyer – Talhaus folgt und über  die erste Speyerer Rheinbrücke führt (1936 bis zur Sprengung 1945, dann ab November 1956). Ihre viele alte Flurnamen einschließende Großgewanne – sie wurde ab März 1978 als Baugebiet erschlossen – bezieht ihren Namen aus der mittelalterlichen Landwirtschaft. Die damaligen Bauern brannten zuweilen Wald ab, bebauten das so gewonnene Feld einige Zeit, ließen 15 bis 20 Jahre wieder Büsche wachsen und brannten sie dann erneut ab. „Gesang“ kommt demnach von „sengen“ (brennen), Vogel bezieht sich auf den Umstand, dass in dem „gesengten“ Buschwerk viele Vögel heimisch waren. Es gab mehrere solcher „Vogelgesänge“ rund um Speyer“.

Oberkämmerer: Die Gegend ist nach dem alten Hauptweg „Im Kämmerer“ benannt. Dort lagen  – neben den Galkmühlen (heute Steiner-Mühle) „Äcker des Kämmerers“, der unter anderem die bischöflichen Güter zu verwalten hatte. Der 1224 gestorbene Bischof Konrad schenkte diese Äcker dem Domstift. Nach 1537 lautete die Bezeichnung dieses Distrikts „Im Camerer“. Der älteste Abschnitt hieß um 1883/84  Mittelkämmererweg, der jüngere und um 1900 ausgebaute südliche Teil Salierstraße. 1936 wurden beide Teile in Kämmererstraße umbenannt. Östlich des Mittelkämmererwegs lag der „Unterkämmerer“, westlich davon (zwischen der Straße nach Berghausen und dem Gießhübelbach) der „Oberkämmerer“. Hier ließ 1925 die Baugenossenschaft die ersten Wohnhäuser errichten.

Neuland: Auf einem Teil des nach dem ersten Weltkrieg entstandenen Wohngebietes lag vermutlich das untergangene, noch um 1300 herum erwähnte Dorf Winternheim. „Land“ bedeutete ehemals kultivierte Fläche, „Neuland“ demnach neues, dem Anbau erschlossenes Ackerland. 1537 wird „ein Morgen hinter St. German“ erwähnt, der Kirche des ersten St. Germanstiftes.

Im Erlich: Die früher auch Ehrlich geschriebene Bezeichnung kommt von „Erlach“, womit ein großer mit vielen Erlen bestandener Platz gemeint war. 1596 hing vor dem Speyerer Stadtgericht eine Klage an, die sich darauf bezog, dass drei Speyerer in dieser Gegend Erlen gefällt haben. Vermutlich ohne bei der Obrigkeit  nachzufragen.

Burgfeld: Dieses große Gebiet heißt lediglich dem Volksmund nach so. Im städtischen Kataster wird es als Feld links, bzw. rechts des Burgwegs geführt. „Burg“ nannten die Leute des Mittelalters eine mit Mauern, Türmen und Gräben befestigte Stadt. Durch die städtische Ackerflur, genannt „Burgfeld“, zog ein Weg. Offiziell Burgweg hieß er ab 1894. Nach 1900 wurde er befestigt, 1982 wurde diese von der Oberen Langgasse zur Friedrich-Ebert-Straße führende Verbindung zur Burgstraße. Das amtlich nie so genannte Burgfeld schloss später und ohne behördliche Verfügung das vormals kleine bebaute Gebiet „Im Galgenfeld“ westlich des Woogbachs ein. Die Bezeichnung Galgenfeld ist erloschen; sie deutet auf die Gegend hin, auf der der städtische Galgen stand (in Richtung Landwehrstraße links vom Armensünderweg).

Hasenpfuhl: Dieses gern als Speyerer Altstadt bezeichnete Wohngebiet, genannt wohl nach den nahe eines Sumpfest (Pfuol, Pfuhl) vorkommenden vielen Hasen, fand wie die frühere Fischervorstadt um die St, Markusstraße erst im 14. Jahrhundert insofern direkten Anschluss an die eigentliche alte Stadt, als auch diese Distrikte mit einer Stadtmauer umschlossen wurden. Der Hasenpfuhl, in dem sich im Jahr 1220 Nonnen aus dem Dorf St. Leon niederließen (Reuerinnen aus dem Orden St. Magdalena), war ursprünglich eine von Fischern bewohnte Altrhein-Insel. Vor dem Stadtbrand 1689 war der Hasenpfuhl dicht besiedelt: 15 Prozent der 889 Speyerer Häuser standen hier.

Binsfeld: Gehörte wie der Binshof der Bürgerhospitalstiftung. Bins kommt von binze und deutet auf den Wasserreichtum der Rheinflure). Feld bedeutet bebautes Ackerland, im Gegensatz nur nicht bebauten Allmende-  und Weideflächen. Die dortigen acht Baggerseen, zu denen Binsfeld, Kuhunter und Gänsedrecksee gehören, sind heute in einem geschlossenen Gebiet mit etwa 250 Wohn- und Wochenendhäusern verbunden. Die anderen Seen heißen Speyerlachsee, Mondsee, Sonnensee, Biersiedersee und Silbersee. Der gesamte Distrikt ist ein weithin bekanntes Badegebiet.

Speyer Nord: Es mag verwundern, doch es gibt keine offizielle Bezeichnung für der allgemein als „die Siedlung“ bekannte nördlichste Wohngegend der Stadt. Das Wohngebiet entstand während der Weltwirtschaftskrise in den 1920-ern, die ersten „Haiselbauer“ waren gemäß des Reichsheimstättengesetzes der Weimarer Republik finanziell geringfügig unterstützte Speyerer.  – Wolfgang Kauer (aus der Reihe: Stadtgeschichte(n) in der RHEINPFALZ, 2013); Plan: Wikipedia