Vier Jahre unter Kannibalen

Das abenteuerliche Leben des Speyerers Hermann Philipp Detzner

 

Heute kaum bekannt ist, dass ein Speyerer während des 1. Weltkriegs in Fernost „eine Leistung vollbracht hat, die ihresgleichen sucht“, wie die im Stadtarchiv aufliegende „Speierer Zeitung“ 1919 mitteilte. Hauptmann Hermann Philipp Detzner, 1882 in der Domstadt geborener Sohn eines Zahnarztes, widersetzte sich der Kapitulation Deutschlands und berichtete später in dem Buch „Vier Jahre unter Kannibalen“ von der abenteuerlichen Durchquerung des Kaiser-Wilhelm-Landes.

1914 hatten australische Truppen den deutschen Teil Neuguineas (die andere Kolonialmacht war Großbritannien, das die Verwaltung Australien überlassen hatte) besetzt, der deutsche Gouverneur war nach einigen kleinen kriegerischen Geplänkeln zur Übergabe bereit. Nicht aber der kaisertreue Hauptmann Detzner. Er setzte sich mit einem weißen Unteroffizier, 27 eingeborenen Soldaten und 44 Trägern in das nordöstlich gelegene Kaiser-Wilhelm Land mit seinem schwer zugänglichen Dschungel ab.

Der Speyerer hatte Kolonialerfahrungen. Zuvor diente er als Oberleutnant  in der deutschen Afrika-Kolonie Kamerun  und nahm dort an zwei Expeditionen  teil. Anfang 1914 versetzte ihn das Reichskolonialamt nach Deutsch-Neuguinea.

Laut Wikipedia versuchte Detzner auf der Flucht vor australischen Truppen dreimal, das neutrale Niederländisch-Neuguinea zu erreichen. Dabei überquerte er als erster Europäer die Hochland-Täler des Gebiets um den Mount Hagen. Missionare der Neuendettelsauer Mission versorgten die „Kaisertreuen“, auch mit Büchern und englischen Zeitungen für den Hauptmann.

Der versuchte 1917, Deutsch-Neuguinea im  Kanu zu verlassen. Aber ein australisches Kriegsschiff blockierte die Weiterfahrt. Detzner kehrte um, kurz darauf erkrankte er. Während seiner Genesung erforschte er „Menschen, Fauna und Flora“, wie überliefert ist.

Im November 1918 hörte der Speyerer von der Kapitulation Deutschlands. Er ergab sich, wurde nach England gebracht und bei Liverpool für kurze Zeit interniert. 1919 konnte er nach Deutschland zurückkehren und war dann im Reichskolonialamt mit Fragen der Entschädigung befasst.

Sein 1921 veröffentlichtes Buch hatte ihm viel Popularität eingetragen. Aber Anfang der 1930-er kamen Zweifel auf. Missionare der Neuendettelsauer Missionsgesellschaft monierten, dass Detzner Teile ihrer Forschungsergebnisse als seine eigenen ausgegeben habe. Der Autor gestand das und andere seiner Schilderungen als Fiktion ein. Danach wurde es still um den Abenteurer. Er zog später nach Heidelberg, wo er als Verlagsgeschäftsführer tätig war. 88 Jahre alt, starb Hermann Philipp Detzner am 11. Dezember 1970.  –  (Wolfgang Kauer)

 

 

Ein Teil der Südsee war ab Ende des 19, Jahrhunderts deutsch. Kaiser Wilhelm gelang es, sich neben afrikanischen Gebieten, dem chinesischen Kiautschau-Schutzgebiet und auf den westlichen Samoa-Inseln auch in Neuguinea eine große Kolonie anzueignen. Das private Unternehmen „Die Neuguinea Kompagnie“ fungierte dort als Kolonialherrschaft; 1899 übergab sie ihre Besitzungen dem deutschen Reich. Nach dem 1. Weltkrieg verlor Deutschland alle diese Territorien. /wk