Reiches Speyer

Wie in vielen deutschen Kommunen gibt die Finanzlage der Stadt Speyer keinen Anlass zur Euphorie. Das war vor langer Zeit anders. „Speyer war im 14. und 15. einer der bedeutendsten Kapitalmärkte in Süddeutschland“ heißt es im fünften Band der „Geschichte in Rheinland-Pfalz“ von Anton Doll, dem früheren Speyerer Stadtarchivar.

Die Stadt Speyer selbst, ihre Patrizier, Münzer, Kaufleute und auch Handwerker handelten außer mit Tuch, das in der Stadt gewebt wurde, und Wein vor allem mit Geld.  Die Anzahl und der Rang ihrer Gläubiger lässt staunen.

In Dolls Werk heißt es: „Kreditnehmer waren die Herzöge Friedrich und Leopold von Österreich, Kaiser Heinrich VII (1312), Ludwig der Bayer (1330 und 1340), König Karl IV. (1349), die Grafen von Nassau (1323), die Pfalzgrafen bei Rhein (1364), der Bischof von Speyer (1323 bis 1372), der Erzbischof von Mainz (1365, dann ausgangs des 14. Jahrhunderts), die Grafen von Württemberg (1403) und die Markgrafen von Baden (1404)“.

Ganz groß ins Kreditgeschäft ein stiegen die Speyerer, als sie ab 1380 auch an Städte Geld verliehen. Zu den Schuldnern gehörten Eßlingen, Wimpfen, Schwäbisch Gmünd, Giengen, Rothenburg ob der Tauber, Nördlingen, Dinkelsbühl und Windsheim. Dazu kamen im 15 Jahrhundert Mainz, Wetzlar, Schwäbisch Hall, Heilbronn und Reutlingen. Doll: „Nördlingen und Rothenburg zum Beispiel waren bis 1412 mit je etwa 20.000 Gulden in Speyer verschuldet, Eßlingen bis 1384 mit mindestens 10.000 Gulden“.

Eine Hauptrolle im Speyerer Kreditgewerbe spielte der Goldschmied, Zunftmeister der Schmiede und zeitweise Bürgermeister Hensel Mutterstedter (1377 – 1417). „Er dürfte der größte Kapitalbesitzer seiner Zeit in der Reichsstadt gewesen sein“ schreibt Anton Doll. Mutterstedter vergab Kredite  an die Städte Nördlingen, Rothenburg, Dinkelsbühl und an den Erzbischof von Mainz. Dabei sind Einzelsummen von über 12.000 Gulden überliefert. Das sind nach heutiger Kaufkraft Millionenbeträge.  – wk

Vortrag: Michael von Faulhaber als Bischof von Speyer 1911-1917

Am kommenden Montag, 12. März, spricht Dr. Dominik Schindler über

 

Michael von Faulhaber als Bischof von Speyer 1911-1917

 

Michael von Faulhaber zählt zu den bekannten deutschen Bischöfen des 20. Jahrhunderts. Doch kaum einer denkt heute noch daran, dass der gebürtige Franke zuerst Bischof von Speyer war, bevor er über viele Jahre als Erzbischof von München und Freising wirkte. In rasch wechselnden sozio-politischen Konstellationen war Faulhaber eine Persönlichkeit, die sich am Puls der Zeit orientierte und pointiert zu aktuellen Ereignissen Stellung bezog. In der Forschung blieb die Speyerer Amtszeit bislang nahezu unberücksichtigt, obwohl sie einen überaus facettenreichen und fortschrittlichen Bischof zeigt.

Neben dem politischen Engagement, das in der bisherigen Forschung im Mittelpunkt stand, soll vor allem das seelsorgliche Wirken des Bischofs betrachtet werden. Faulhaber war in erster Linie Priester, Theologe und Kirchenmann. Dadurch, dass eine unbekannte Seite des Speyerer Bischofs erhellt wird, gewinnt die Persönlichkeit insgesamt an Gestalt und Kontur.

Wie wurde Faulhaber überhaupt Bischof von Speyer? Was waren die pastoralen Gegebenheiten der Speyerer Diözese zu dieser Zeit? Ausgewählte Arbeitsschwerpunkte Faulhabers werden umrissen. Auch das Wirken im Ersten Weltkrieg wird thematisiert werden. Schließlich wird der Versuch unternommen, das theologische System Faulhabers darzustellen und das bischöfliche Wirken mit diesem in Verbindung zu setzen.

 

Der Referent Dr. Dominik Schindler promovierte über Faulhaber als Bischof von Speyer an der Ludwig-Maximilans-Universität in München. Begleitend erstellte er eine Sammlung von „Predigten, Ansprachen und Veröffentlichungen der Bischofsjahre 1911–1917“, die 2017 in den „Schriften des Diözesan-Archivs Speyer“ erschien. Dr. Schindler besuchte das Priesterseminar St. German in Speyer und ist nach seiner Priesterweihe im Juni 2017 Kaplan in der Pfarrei Hl. Martin in Kaiserslautern.

Zum Vortrag laden die Volkshochschule Speyer und die Bezirksgruppe Speyer des Historischen Vereins der Pfalz ein. Der Vortrag findet in der Villa Ecarius statt und beginnt um 19.30 Uhr. Der Vortrag ist öffentlich und kostenlos – wie allgemein die Vorträge des Historischen Vereins.

 

Informationen über die Bezirksgruppe Speyer erhalten Sie unter http://historischer-verein-speyer.de/

 

Die Glockengießer von Speyer

Zwischen 1152 und 1970 erwähnt – Keine geschlossene Überlieferung

Eine früher als „türmereich“ geschilderte und dargestellte Stadt wie Speyer hat auch eine Geschichte der Glockengießerei. Sie stellt sich nicht in fortlaufender Geschlossenheit dar und endet 1970, nachdem das heute als Metallpresswerk Baumgartner GmbH & Co. KG bestehende Unternehmen die letzte Glocke gegossen hatte.

In der Anfangszeit der Glockenherstellung waren die Gießer Wanderhandwerker, da die Glocken meist vor Ort an der Kirche gegossen wurden. Der Transport von einer zentralen Gießerei zu den Bestimmungsorten war zu beschwerlich, zudem hätte die Glocke beschädigt werden können. Das ist mit ein Grund für die spärliche Geschichtsbeschreibung der Glockengießerei.

Nach Aufsätzen der Historiker Hans Fritzen und Ludwig Anton Doll in den Ausgaben 1952 der „Pfälzer Heimat“ ist die älteste Erwähnung eines Speyerer Glockengießers einer 1905 erschienenen Abhandlung über eine Kirche im rheinhessischen Wörrstadt zu entnehmen. Demnach war die große Glocke dieser 1152 eingeweihten Kirche „von Meister Theobaldus zu Spire“ gegossen worden.

Ein Kollege namens Volmar wird um 1307 in der Domstadt erwähnt. Aus seiner Gießerei soll die große Domglocke stammen. Deren Vorgängerin hatte sich aus unbekanntem Grund in Anwesenheit des Königs Albrecht aus ihrer Befestigung gelöst und einige Gewölbe durchschlagen. Beim Aufschlag auf den Boden zersprang sie in drei Teile.

In den Jahrhunderten danach 1411 erwähnen die Aufzeichnungen in der „Pfälzer Heimat“ folgende Glockengießer, die entweder in Speyer wohnten oder tätig waren: Jürgen von Spier (1411), Hans Reinhart (1413), Hans zur Glocken und Otto von Lautern (1452), Peter zur Glocken und Georg von Guntheim (1470), Jörg von Spier (1473, 1483), Hans von Speier (1480, 1486; lebte offenbar auch in Sulz/Elsass).

Es geht weiter mit Jorig Buchsenmeister, genannt Gunthem oder Guntheim (1490), 1508 Jörge Guntheim von Spire, Peter Ammons (ebenfalls 1508; er und Jörge Guntheim sollen zeitweise gemeinsam auch eine Gießerei in Straßburg betrieben haben), Paul Kessel (1594), Georg Wolfskehl (1624), Georg Graisser (1650), Michel Salomon Strernecker (1651), Melchior König (1677), Hans Melchior König (1681),Johann Georg und Johann Melchior König (1719), Philipp Friedrich Brechtel (1771, 1780)), Johann Paul Strobel oder Strubel (1766), Otto Siedle (1906), Hermann Baumgartner (ab 1954). /wk