Denkmal erinnert an Attentat

Steinerne Erinnerung an Ermordung des Separatistenführers am 9. Januar 1924

Eine Tafel am Haus des Tatorts „Wittelsbacher Hof“ und ein Denkmal auf dem Friedhof erinnern an ein Attentat, dem heute vor 90 Jahren in Speyer fünf Menschen zum Opfer fielen. Es war der am 9. Januar 1924 auf den Separatistenführer und Präsidenten der Autonomen Pfalz, den Heinz Orbis genannten Franz Josef Heinz,  erfolgreich verübte Mordanschlag eines von München und Heidelberg aus gesteuerten etwa 20-köpfigen Kommandos radikaler Patrioten.

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Den bei dem  Mordkomplott von Separatisten erschossenen Attentätern Franz Hellinger aus München und Franz Wiesmann aus Schollbrunn im Spessart (er war eine Zeitlang Assistent beim Finanzamt Speyer) gewidmet ist ein ungefähr vier Kubikmeter umfassender Block aus Lavagestein, auf dem ein sechs Meter hohes Doppelkreuz aus Stahl thront. In den Steinklotz gemeißelt sind die Namen der Attentäter, ihre Lebensdaten und zwei sich ergreifende Hände.

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Die Gedenkstätte – dort sind die zwei Attentäter beigesetzt – ist der Initiative „Arbeitsgemeinschaft zur Errichtung eines Wiesmann-Hellinger-Denkmals“ zu verdanken. Sie sammelte die Mittel dafür ein und vereinbarte mit der Stadt Speyer, dass sie „nach der Einweihung die weitere Pflege übernimmt“. So jedenfalls nach dem Buch „Die Pfalzbefreier“ von Gerhard Gräber und Matthias Spindler. Die Autoren erwähnen auch die Initiatoren der Arbeitsgemeinschaft, darunter „die Speyerer Fabrikanten Eduard Heintz, Gustav Kuhn und Karl Schalk“.

Pflege und alljährliche Kranzniederlegung an dem Denkmal gingen offenbar bis 2001. Nach der Ausstrahlung eines Features des Buch-Mitverfassers Spindler auf SWR 2 „Anatomie eines Attentats“ am 23. Februar 2002 teilte die Stadtverwaltung namens des Oberrbürgermeisters Werner Schineller mit: „Es ist sicher nicht im Interesse des Oberbürgermeisters, dass ein Kranz vor diesem Denkmal steht“ und zudem, dass dieses Denkmal vom städtischen „Volkstrauertag-Rundgang“ ausgenommen ist.

Dabei sei es geblieben, teilte Stadtsprecherin Barbara Fresenius auf RHEINPFALZ-Anfrage mit. Auch führe   der Weg der Ehrendelegation am Volkstrauertag nicht mehr an der Grabstätte vorbei. „Sie wird nicht in einer besonderen Form gepflegt. Da es sich ausschließlich um einen Grabstein handelt, beläuft sich der Pflegeaufwand auf null, sprich: ist mit keinem finanziellen Aufwand verbunden“.

Die Einweihung des Wiesmann-Hellinger-Denkmals durch Domkapitular Brauner am 10. Januar 1932 verlief pompös und offenbarte laut Gräber/Spindler „die Instrumentalisierung des historischen Ereignisses für die aktuelle politische Auseinandersetzung im Jahr 1932“.

Auf dem Friedhof drängten sich damals Tausende von Menschen, der Bayerische Rundfunk übertrug die Einweihungsfeier live, wie man es heute ausdrücken würde. Reden hielten Oberbürgermeister Leiling und Regierungspräsident Pfülf als Vertreter des Staates Bayern. In dem Buch „Die Pfalzbefreier“ heißt es weiter: „Schon vor dem offiziellen Beginn wurden von zahlreichen Vereinen und Organisationen Kränze niedergelegt. Die Ortsgruppe Speyer des „Stahlhelm“ war genau so mit von der Partie wie das 1. Bayerische Infanterie-Regiment und, aus München angereist, der SS-Sturm Hellinger“.

Und weiter: „Reichspräsident von Hindenburg, Reichskanzler Brüning und der bayerische Ministerpräsident Held schickten Grüße und Kronprinz Rupprecht von Bayern den Präsidenten des Bayerischen Kriegerbundes, damit dieser einen Kranz im Namen des Prinzen niederlege. Höhepunkt und krönender Abschluss der Feier: Drei Maschinen der Luftfahrtvereine in Neustadt und Mannheim umkreisten tief das Ehrenmal und warfen fast zielgenau zwei Kränze ab“.

Vor dem Mittagessen von etwa 200 Teilnehmern der Trauerfreier am Tatort  „Wittelsbacher Hof“ wurde am Hoteleingang eine Gedenktafeln enthüllt“. In den 1970-er Jahre wurde sie entfernt, 2005 auf Anregung des Historikers Spindler eine andere angebracht.  

„Autonome Pfalz“

Als die Pfalz nach dem 1. Weltkrieg besetzt war, entwickelten sich mit Billigung der Franzosen Tendenzen, das Gebiet innerhalb des deutschen Reiches eigenständig werden zu lassen und es später an Frankreich anzulehnen.  Regierungssitz der „Autonomen Pfalz“ war Speyer, ihr Präsident der aus dem nordpfälzischen Orbis stammende Franz Josef Heinz. Um den Separatismus zu bekämpfen und die Verbindung zur pfälzischen Verwaltung zu halten, gründete die Regierung Bayerns die „Zentralstelle für pfälzische Angelegenheiten und Haupthilfsstelle für die Pfalz“. Beide hatten ihren Sitz zunächst in Mannheim und danach in Heidelberg und damit außerhalb französischer Besatzungsreichweite.

Der Heinz Orbis genannte Präsident der „Autonomen Pfalz“ hatte mit Hilfe seines „Pfälzischen Corps“ im Oktober 1923 die Kontrolle über Kaiserslautern, Neustadt und Landau erlangt. Als die pfälzische Regierung und der Kreistag aufgaben, rief Heinz am 12. November 1923 in Speyer die „Autonome Pfalz im Verband der Rheinischen Republik“ aus.

Der Anschlag in Speyer leitete ihr Ende ein. Nach dem Sturm auf das Bezirksamt Pirmasens am 12. Februar 1924 mit 24 Toten und zwölf Schwerverletzten handelte auf britische Anregung eine Kommission der Allierten das „Speyerer Abkommen“ aus, in dem der Abzug der Separatisten und der Übergang der Verwaltung auf die (bayerische) Kreisregierung geregelt wurden.  – Wolfgang Kauer (aus der Reihe: Stadtgeschichte(n) in der RHEINPFALZ, 2014); Bilder: wikipedia

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